Titelblatt der "Jugend + Technik" vom März 1987
Brigitte Kasper COMPUTER AUS DER DDR
Mehr und mehr bestimmen Mikroelektronik,
die moderne Rechentechnik, die rechnergestützte Konstruktion, Projektierung
und Steuerung der Produktion (CAD/CAM) das Leistungsvermögen einer
modernen Volkswirtschaft. Die Entwicklung der Produktivkräfte beschleunigt
sich. Wir haben den Wettlauf mit der Zeit zu bestehen und an wichtigen
Punkten Vorsprung zu erzielen, um hohe ökonomische Ergebnisse zu erreichen.
Wichtige Hilfsmittel sind uns dabei die Computer. Die steigende Leistungsfähigkeit
der Personalcomputer zum Beispiel erschließt ihnen immer neue CAD-Aufgaben.
Wir stellen Euch in einer kleinen Übersicht die in der DDR produzierten
Rechner vom Kleincomputer bis zum Personalcomputer vor und erfüllen
damit einen oft geäußerten Leserwunsch.
Kleincomputer - Zwerge unter den Rechnern Alle in der DDR hergestellten Lern- und
Kleincomputer basieren auf dem Mikroprozessorsystem U 880 D, das eine Verarbeitungsbreite
von 8bit zuläßt. Der "Kleinste" unter diesen Computern ist der
Lemcomputer LC 80 (VEB Mikroelektronik "Karl Marx" Erfurt), der in erster
Linie dem Kennenlernen des Mikroprozessorsystems U 880 und seiner Programmierung
sowie dem Einarbeiten in die Mikroprozessortechnik dient. Rein äußerlich
ist der LC 80 ein Einkartenrechner, d.h., er vereinigt alle notwendigen
Baugruppen auf einer Leiterkarte und verfügt über einen 2-Kbyte
Festwertspeicher (ROM - Read Only Memory) für das Monitorprogramm
und einen Arbeitsspeicher (RAM - Random Access Memory) von ebenfalls 2
Kbyte für die jeweiligen Programme. Diese Programme werden in Maschinensprache
eingegeben. Das garantiert zwar eine hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit,
ist aber auch wesentlich schwerer erlernbar als zum Beispiel BASIC oder
andere höhere Programmiersprachen. Der LC 80 läßt sich
für einfache Steuerungen, Regelungen oder Spiele und für einfachste
akustische bzw. musikalische Spiele einsetzen. Über Hardwareerweiterungen
kann er unter anderem noch als Multimeter, zur Temperaturanzeige oder Grafikdarstellung
verwendet werden.
Er bietet schon etwas mehr Komfort, zum
einen von der Speicherkapazität und zum anderen von der Programmierung.
Für private Nutzer ist
Bild 3: Vergleich der Lerncomputer LC 80 mit dem Mikrorechnerbausatz Z 1013 Kommen wir zu den Kleincomputern: Im VEB Robotron-Meßelektronik "Otto Schön" Dresden werden der Kleincornputer KC 85/1 und mit Beginn dieses Jahres der KC87, der zu seinem Vorgänger in allen Bereichen kompatibel ist, gebaut. Sie sind beide als Kompaktgeräte ausgeführt und enthalten neben dem Rechnerbaustein auch eine komfortable Tastatur, das Netzteil und zahlreiche Anschlußmöglichkeiten für Peripheriegeräte sowie Erweiterungsbaugruppen. Der einzig relevante Unterschied zwischen beiden liegt in der Speicherkapazität. Mußte noch beim KC 85/1 der BASIC-Interpreter, der erst das Programmieren in dieser Sprache erlaubt, über Kassette oder Modul in den Rechner geladen werden, so enthält der KC87 den Interpreter in einem auf der Rechnerleiterplatte mit aufgebauten 10-Kbyte-ROM. Ebenfalls integriert sind zusätzlich zum KC 85/1 ein Farbattributspeicher (1-Kbyte-RAM) für die Darstellung von acht Farben. Zum KC 85/1 wird dieser Speicher als Zusatzmodul angeboten. Die Grafikmöglichkeiten beider Computer sind begrenzt, sie erlauben die sogenannte Quasigrafik. Eine weitere Neuerung gegenüber dern KC 85/1 wird die geplante Spracheingabe sein, durch die der Computer besonders auch für die Rehabilitierung von Sprachbehinderten geeignet ist. Wer Vollgrafik sucht, findet sie bei den beiden Kleincomputern KC 85/2 und KC 85/3 aus dem VEB Mikroelektronik Mühlhausen.
Mit ihnen können 320 x 256 Bildpunkte auf einem Bildschirm einzeln programmiert und dargestellt werden. Unterstützt wird dies durch eine große Speicherkapazität. Der KC 85/2 besitzt einen ROM von 4Kbyte, der KC 85/3 von 16 Kbyte, wobei im letzteren der BASIC-Interpreter mit integriert ist. Beide Computer verfügen über einen Arbeitsspeicher von 32 Kbyte, von dem 18 Kbyte für den Anwender frei nutzbar sind. Zur Tonerzeugung besitzen sie noch zwei Tongeneratoren mit einem Tonhöhenumfang von 2 x 5 Oktaven. Alle vier Kleincomputer können schon bei umfangreichen Problemlösungen zu Hause oder auch im Betrieb eingesetzt werden. Es existieren verschiedene Programme zur Computergrafik, Textverarbeitung, zur Ausbildung in Schule, Lehre, Beruf, Studium und zum Spiel. Selbst etwas umfangreichere Steuerungen können mit diesen Computern realisiert werden. Wer allerdings mit einem Kleincomputer nur alte Spiele neu spielen oder bewährte technische Lösungen und Schaltungen mit immer größer werdendem Aufwand realisieren will, sollte sich überlegen, ob der Aufwand wirklich gerechtfertigt ist. Bild
6: Gegenüberstellung der KC- Kleincomputer
Bürocomputer - Vorläufer moderner Personalcomputer Auf dem Weg zu den modernen Personalcomputern begegnen wir den Bürocomputern und weniger leistungsfähigen Mikrocomputern. Vom VEB Kombinat Robotron werden dazu die Bürocomputer der Reihe 5100 hergestellt, deren drei verschiedene Varianten dem jeweiligen Verwendungszweck entsprechend ausgelegt sind. Der A 5110 wird überall dort eingesetzt, wo die Datenerfassung und deren Auswertung im eigenen Heus erforderlich sind. Er besteht aus einer mit einem Typenraddrucker kombinierten Tastatur und einer alphanumerischen Kleinanzeige. Demgegenüber ist der A 5120 ein bildschirmorientiertes Auftischgerät, das neben dem Bildschirm ein 8-Zoll- oder drei 5,25-Zoll-Diskettenlaufwerke oder zwei Kassettenmagnetbandspeicher und die Tastatur enthält. Drucker und weitere Disketten- oder Kassettenlaufwerke können extern angeschlossen werden. Folglich ist sein Anwendungsspektrum sehr breit. Es reicht von der Massendatenerfassung über den Einsatz als Terminal, in Textverarbeitungssystemen bis zur Lösung wissenschaftlich- technischer Aufgaben, zum Einsatz als Mikrorechnerentwicklungssystem und Programmierarbeitsplatz. Der dritte Bürocomputer dieser Reihe ist der A 5130, der im Grundmodell einen Drucker, einen Bildschirm, die Tastatur und Externspeicher enthält. Vorteilhaft läßt er sich dort einsetzen, wo die Datenerfassung und Weiterverarbeitung mit einer leistungsfähigen ' Druckerausgabe kombiniert werden müssen, aber auch zur Lösung umfangreicher betriebswirtschaftlicher und wissenschaftlich- technischer Problemstellungen und wenn ein großer Externspeicherbedarf besteht. Der Übergang von der 8-bit- zur 16-bit-Mikroprozessortechnik wurde mit dem Bürocomputer A 5120.16 vollzogen. Mit Hilfe einer Koppeleinheit können an den Systembus des A 5120 eine 16-bit-Recheneinheit, die auf dem Mikroprozessor U 8000 basiert, und ein 256-Kbyte-Operativspeicher angeschlossen werden. Dabei können die noch vom A5120 vorhandenen Programme weiter genutzt werden. Besonders geeignet ist er für die Programmentwicklung für 16-bit-Nachfolgesysteme. Als vollgrafisches Steuergerät für Labor und Prüffeld und als Test- und Inbetriebnahmegerät für die Entwicklung und Testung mikroprozessorgesteuerter Geräte kann das Mikrocomputersystem MC 80 vom VEB Elektronik Gera verwendet werden. Für die Datenanzeige ist es mit einem Bildschirm mit 25 x 80 Zeichen bzw. 256 x 512 Punkten ausgestattet. Es enthält weiterhin eine EPROM-Programmier- und EPROM-Löscheinrichtung und einen Kassettenspeicher mit einer Kapazität von 128 Kbyte je Bandseite. So können die mit Hilfe des MC 80 erstellten Programme gleich auf den EPROM oder auf Kassette ausgelagert werden. Zum Anschluß von Seriendruckern liegen nachnutzbare Lösungen vor. Bild
2: Gegenüberstellung der Bürocomputer
Personalcomputer Seit einigen Jahren machen die Personal- oder auch Arbeitsplatzcomputer von sich reden. In ihren Leistungsmerkmalen haben sie die Klein- und zum Teil auch die Großrechner der dritten Rechnergeneration übertroffen. Der Personalcomputer ist klein, preiswert, nutzerfreundlich und für fast alle Anwendungen geeignet. Sein Einsatz im Büro, in der Verwaltung, der Medizin, bei der Produktionsvorbereitung, der CAD/CAM-Technik, der Robotersteuerung usw. verspricht umfassende Rationalisierungseffekte. Mit ihm wird der elektronische Rechner zum individuellen Arbeitsmittel, das mit einer komfortablen Programmgestaltung und Dialogtechnik den verschiedensten Anwendungsbereichen angepaßt werden kann. Über lokale Netze können Personalcomputer mit einem Hauptrechner zusammengeschaltet werden und erleichtern so die dezentrale Datenerfassung mit anschließender Verarbeitung der Meßdaten im Hauptrechner. Einer der in der DDR hergestellten Personalcomputer ist der PC 1715 (VEB Robotron-Büromaschinenwerk Sömmerda), der aus der Rechnereinheit, die einen 64-Kbyte-RAM enthält, der Bildschirmeinheit und der Tastatur besteht. Er gehört noch zu den Rechnern mit einer Verarbeitungsbreite von 8bit und kann in der Industrie, dem Handel, der Landwirtschaft, in Banken, Sparkassen, aber auch in der Forschung eingesetzt werden. Für die Textverarbeitung wurde ein spezielles Programmsystem entwickelt. Über die standardisierte V.24-Schnittstelle können verschiedene Drucker, weitere Folienspeicher und andere Geräte angeschlossen werden. Mittlerweile wurden auch schon viele Anwenderlösungen für die verschiedensten Einsatzbereiche und Problemstellungen entwickelt. Auf dem neuentwickelten 16-bit-Mikroprozessor U 8000 basiert der Arbeitsplatzcomputer A 7100 (Kombinat Robotron). Er gehört zu den leistungsstärkeren Personalcomputern mit einer Verarbeitungsbreite von 16bit. Mit einer Systemtaktfrequenz von 5 MHz können die Rechenoperationen wesentlich schneller ablaufen. Die Grundausstattung umfaßt Rechnerauftischgerät, Bildschirrneinheit und abgesetzte, frei bewegliche Tastatur. Der A 7100 kann zum einen mit dem Einzelnutzerbetriebssystem und zum anderen mit einem mehrprozessorfähigen Echtzeitbetriebssystem arbeiten, das noch zusätzlich Compiler für weitere Programmiersprachen enthält. Vorgesehen ist der A 7100 für die Büroautomatisierung, die Textverarbeitung, ingenieurtechnische Arbeiten, CAD/CAM, die Programmentwicklung, für die Meßtechnik, die Prüffeld- und Laborautomatisierung und als Terminal für Datenfernverarbeitungs- und Kommunikationssysteme. Bild
7: Gegenüberstellung der Personalcomputer PC 1715 und A 7100
Ausblick Der breite Einsatz von Klein- und Personalcomputern hat erst begonnen. Noch besteht eine ungewöhnlich große Nachfrage. Bald werden in den Kleincomputern 16-bit-Mikroprozessoren, in den Personalcomputern 32-bit-Mikroprozessoren zum Einsatz kommen können. Schon wird an der Realisierung von 1-Mbit- und 4-Mbit-Speicherschaltkreisen gearbeitet. Die Anwendungsbreite, Erweiterungsmöglichkeiten und Leistungsfähigkeit der Klein- und Personalcomputer werden weiter anwachsen, sie werden neue Einsatzgebiete erobern, Kräfte freisetzen und zu hohen Rationalisierungseffekten führen. In unserer Republik kommen die Computerproduzenten der großen Nachfrage mit zusätzlichen Initiativen entgegen. Erinnern wir uns nur an die mehr als 10000 PC1715 aus Sömmerda über den Plan 1986. Doch bei aller Begeisterung sollten wir bedenken, daß für viele Aufgaben oft ein kleinerer Computer ausreicht, daß der Computer den Problemen entsprechend ausgesucht werden sollte. |