E. BAUER

KC 85/4 als Speicheroszilloskop


Nicht nur für den Profi-Elektroniker ist das Oszilloskop ein unentbehrliches Werkzeug, auch dem Amateur kann es gute Dienste leisten. Für ihn ist aber das Verhältnis von Preis zu Nutzungshäufigkeit recht ungünstig. Ich habe deshalb einen vorhandenen KC 85/4 mit ADU-Modul "zum Oszilloskop gemacht".
 

Diskontinuierliche Messung

Erste Frage ist, inwieweit die Eigenschaften des Kleincomputers die Möglichkeit des Oszilloskops bestimmen. Die Umsetzung analoger Signale in Digitalwerte erfolgt in der ADU-spezifischen Umsetzzeit. Signaländerungen in dieser Zeit können nicht erfaßt werden; d. h., Signale mit einer Frequenz oberhalb eines bestimmten oberen Grenzwerts bildet das Oszilloskop nur "bruchstückhaft" ab! Das ADU-Modul besitzt eine Umsetzzeit zwischen 25 und 40Mikrosekunden. Im weiteren wird von einem "optimistischen" Wert von 30Mikrosekunden ausgegangen!
Soll eine Schwingung einer sinusförmigen Wechselspannung durch 16 Bildpunkte dargestellt werden, dann muß diese die Periodendauer von 16 x 30Mikrosekunden = 480Mikrosekunden haben! Der obere Frequenzgrenzwert für das KC-Oszilloskop liegt also bei etwa 2 kHz, ein fast entmutigender Wert!
 

Arbeitsgeschwindigkeit

Der Computer hat die Aufgabe, die Meßwerte vom ADU zu übernehmen und auf dem Bildschirm als Punkt im X,t-Koordinatensystem abzubilden. Hierzu sind drei Aktivitäten nötig: Die Umrechnung des digitalen Meßwertes (X) in einen Abstandswert zur Zeit-(t)-Achse, das Setzen eines Bildpunktes an die berechnete Stelle sowie das periodische Verschieben des gesamten Bildes. Bei einer Taktfrequenz von rund 1,75 MHz liegt die durchschnittliche Befehlsausführungszeit bei etwa 2,3Mikrosekunden. Während einer Meßwertumsetzung des ADU können also 13 Maschinenbefehle abgearbeitet werden. Die Visualisierung eines Signalverlaufes ist mit 13 Befehlen unmöglich! Was nun?
Den oberen Frequenzwert wollte ich auf keinen Fall herabsetzen, um Zeit für den Bildaufbau zu gewinnen. Ein anderes Konzept mußte her!
 

Funktionsprinzip des KC-Oszilloskops

Da eine direkte Anzeige der Meßwerte im 30-Mikrosekunden-Takt unmöglich ist, werden die Meßwerte im RAM abgelegt. Der so entstehende Datensatz ist natürlich begrenzt und bedingt bei Erreichen des Datensatzendes die Unterbrechung des laufenden Meßvorganges. Anschließend werden die Meßwerte dem Datensatz entnommen und zur Visualisierung des Signalverlaufes genutzt. Das ergibt zwangsläufig ein Speicheroszilloskop!
Zum Darstellen langsamer Signalverläufe genügen Messungen in größeren Zeitabständen. Die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Messungen, die Tastzeit, soll deshalb veränderbar sein. Willkürlich wurden als Größtwert 10s festgelegt und der Bereich zwischen 30Mikrosekunden und 10 s Tastzeit in drei Intervalle - Sekunden, Milli- und Mikrosekunden - unterteilt. Innerhalb eines Intervalls ist die Tastzeit als ganzzahliger Wert einstellbar. Der Datensatz umfaßt etwas mehr als 2000 Meßwerte. Da diese nicht zeitgleich auf dem Bildschirm darstellbar sind, werden Meßbilder von je 192 Meßwerten ausgegeben. Der Übergang von einem zum anderen Bild erfolgt fließend. Zur Auswertung des Meßbildes werden die Möglichkiten des Computers genutzt.
 

Ergebnis in Stichpunkten
 
Tastzeit: 30Mikrosekunden < Ta < 10 s
Datensatz: 2039 Meßwerte; normiert auf ±5 V Eingangsspannung
Trigger: alternativ auf den Kanälen 2, 3 oder 4; Auslösen des Meßvorganges beim Überschreiten der Triggerspannung U(tr) (+0,1 V < U(tr) < +5,0 V)
Meßfehler: > 10% in allen Tastzeitintervallen
Ausgabe:  auf Bildschirm: X,t-Koordinaten; X,t-Intervall numerische Werte;
auf Kassette: Schreiben/Lesen des Datensatzes; 
mit V.24-Modul auf Steckplatz OC kann eine Hardcopy des Meßbildes über den Drucker ausgegeben werden
Menü: dreistufiges Menü: Kalibrieren des ADU, Messen, Auswerten; alle Bedienfunktionen sind über die Cursor- und Entertaste steuerbar.

Die Bilder 1, 2 und 3 sind Kopien der Bildschirmausgabe - X,t-Koordinatensystem und sollen einen Eindruck zum Menü ,Auswerten' geben. Zuerkennen sind zwei positionierbare Meßlinien, an denen die zugehörigen X- und t-Werte numerisch angezeigt werden. Die Zeitdauer eines Meßvorganges wird rechts unten mit 'Tmeß' ausgewiesen.

Bilder 1 bis 4
 

Vorsicht - Stroboskopeffekt

Betrachtet man Bild 4, meint man, zwei Signalverläufe zu erkennen; dem ist aber nicht so! Hier wurde eine Wechselspannung von 50 Hz mit einer Tastzeit von
11 ms (etwas größer als die halbe Periodendauer) aufgenommen. Dies führt dazu, daß einem Meßwert ein nur geringfügig abweichender weiterer folgt, aber mit anderem Vorzeichen. Dabei werden Meßwerte verschiedener Perioden des Originalsignals in einer Periode der Signalabbildung dargestellt. Der so wiedergegebene Signalverlauf ist weder amplituden- noch frequenzrichtig! Alle getasteten Meßsysteme unterliegen dem Stroboskopeffekt, der sich nicht immer wie in Bild 4 zu erkennen gibt. Zur Vermeidung dieses Effektes bin ich bisher nach folgender Methode vorgegangen:

- Aufnehmen eines unbekannten Signalverlaufes mit einer Tastzeit, bei der ein annähernd geschlossener Kurvenzug entsteht; Messen des zeitlichen Abstandes zwischen zwei signifikanten Werten (Signalspitzen; an periodischen Signalen: Amplituden);
- Wiederholen der Meßwertaufnahme mit einer größeren/kleineren Tastzeit, die kein geradzahliges Vielfache/Kehrwert der Tastzeit der ersten Messung ist; im Kurvenzug den gleichen signifikanten Signalverlauf messen wie oben.

Sind die Meßwerte (Amplitude, zeitlicher Abstand) der beiden Messungen identisch, ist der Stroboskopeffekt auszuschließen.

Kontakt: E. Bauer, Seegefelder Str. 5,
O - 1540 Falkensee